Digitalisierung und die Sigmoidfunktion

Eine Sigmoidfunktion hat eine S-förmigen Folge, deshalb wird sie auch Schwanenhalsfunktion oder S-Funktion genannt. Die mathematischen Hintergründe sind interessant, aber nicht Gegenstand von diesem Text. Vielmehr wird sie genutzt, um den Verlauf von Entwicklungen zu vorhersagen. Pierre-François Verhulst, ein belgischer Wissenschaftler, entwickelte ein Modell, mit dem er die Theorie des exponentiellen Wachstums mit wachstumshemmenden Termen ergänzte. Er verdeutlichte dies am Beispiel der Bevölkerungsentwicklung. Eine solche Kurve besteht aus drei Phasen.

Es startet mit einer starken Wachstumsphase. Am Anfang steigt die Bevölkerungszahl langsam, da die reproduktionsfähigen Einheiten voneinander entfernt leben. Trotzdem ist die Geburtenrate höher als die Sterberate, daher wächst die Bevölkerung. Solange genügend Ressourcen vorhanden sind, hält dieser Trend an. In der Übergangsphase ändert sich das. Das Wachstum führt zu einer Verknappung der Rohstoffe, der Überlebenskampf wird härter. Die Geburtenrate beginnt zu sinken, die Sterberate steigt. Es folgt die Plateaustufe. Verluste und Gewinne gleichen sich aus, bis ein stabiles Level erreicht ist, welches das neue Normal bildet.

Sigmoidfunktion, adaptiert nach Horx (2023) und Zaveri (2022)

Doch was bedeutet dies für die Digitalisierung? Unternehmen wie Meta, Amazon oder Twitter haben im Jahr 2022 Mitarbeiter entlassen, die Was bedeutet dies für die Digitalisierung? Unternehmen wie Meta, Amazon oder Twitter haben im Jahr 2022 Mitarbeiter entlassen, die Börsenwerte brachen ein. Ein Novum. Für viele Beobachter war das ein Schock. Herrschte doch der Glaube, die Technologieriesen aus dem Silicon Valley würden ewig wachsen. Private Raumfahrt, Gen-Schere, Elektromobilität und die Informationsgesellschaft förderten die Hoffnung, auf ein goldenes Zeitalter. Optimismus war überall. Und heute? Lieferketten sind zusammengebrochen, Energie ist knapp und viele Technologien enttäuschten. Sind wir jetzt am Ende, ist das neue Normal erreicht?

Eher nicht. Oft entstehen in der Wachstumsphase Störungen, dies symbolisiert der rote Punkt in der Grafik. Einen ähnlichen Effekt beschreibt der Gartner Hypecycle, bei dem es zu Beginn immer den Gipfel der überzogenen Erwartungen gibt, der über mehrere Stufen zum Plateau der Produktivität führt. In diesen Zwischenschritten entsteht Unsicherheit. Die Kurven der Realität sind meist nicht so geglättet, wie das die mathematischen Entwicklungen vorhersagen. Übergangskrisen sind die Regel. Doch was gibt Anlass zum Optimismus, das es noch länger aufwärts geht? Künstliche Intelligenz ist eines der Zukunftsthemen. Wer sich GPT-3 von OpenAi ansieht, ist entweder erstaunt über die Fähigkeiten oder er verspottet diese. Was verkannt wird: hier sind wir erst am Anfang. Schachcomputer in den 80er Jahren spielten langsam und schlecht. Gegen die modernen Programme hat heute ein Weltmeister nur noch Aussenseiterchancen.

Daher gibt es Anlass zu Optimismus. Wie es aussieht, erleben wir im Moment eine Zwischenstörung. Die Digitalisierung hat Fahrt aufgenommen. Es kommt viel Neues auf uns zu.

Quellen:

Gartner (2023, 22.Januar): Gartner Hype Cylce. Wie man Technologie-Hype interpretiert, Link: https://www.gartner.de/de/methoden/hype-cycle

GPT-3, Link: https://openai.com/api/

Horx, M. (2023): Lassen wir uns enttäuschen. Warum gerade durch Desillusionierung 2023 Neues geschaffen wird. Fokus, Nr.2 / 2023, S. 38-40.

Kreiner, W.A. (2018): Wachstumsfunktionen, Link: https://oparu.uni-ulm.de/xmlui/bitstream/handle/123456789/7713/Wachstum.pdf?sequence=1%26isAllowed=y

Zaveri, A. (2022): Was ist ein Simoid-Muster und die 3 Stadien der Kurve, Link: https://mindthegraph.com/blog/de/sigmoid-muster/

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